Wartung und Reparatur am Hochvolt Kfz – Schulung, Wartung und Schutzausrüstung für Werkstätten

Die neue Elektromobilität ist nicht nur für Fahrzeughersteller eine große Herausforderung. Auch die Werkstatt muss sich rüsten und bereit sein, wenn die ersten Elektroautos auf den Hof rollen. Es gilt sich zu informieren, zu schulen und die passende Hochvolt Schutzausrüstung anzuschaffen.

Damit Sie perfekt vorbereitet sind, haben wir für Sie die wichtigsten Fragen gestellt. Die Antworten zum Thema Hochvolt Kfz erfahren Sie in diesem Artikel.

Starten wir mit der Elektromobilität Definition:

Elektromobilität wird auch E-Mobility oder E-Mobilität genannt. Darunter versteht man einen ganzen Industriezweig, der in diesem Thema verankert ist. Die Bundesregierung definiert Elektromobilität als alle Fahrzeuge, die mit einem Elektromotor angetrieben werden und extern mit Strom aufladbar sind. Also nicht nur rein elektrische Fahrzeuge, auch E-Bikes, Hybridfahrzeuge, welche mit E-Motor und kleinem Verbrennungsmotor sowie Nutzfahrzeuge wie Elektrobusse.

Welche Unternehmen müssen sich mit dem Thema auseinandersetzen?

Das Thema E-Mobilität betrifft verschiedenste Betriebe, die mit dem Thema „Fahrzeuge“ in Berührung kommen, z.B. E-Tankstellen, Ladestation, Parkhäuser, Waschanlagen, Abschlepper, Entsorgungsdienste, Lackierbetriebe. Für jeden Bereich gibt es unterschiedliche Herausforderungen und Vorkehrungen, die getroffen werden müssen.

Unsere Informationen richten sich an Werkstätten für Kfz- und Nutzfahrzeuge.

Was ist Hochvolt und warum ist es gefährlich?

E-Mobility-Fahrzeuge werden mit sehr hoher Spannung angetrieben, die in manchen Bauteilen über 25 V AC bzw. 60 V DC liegen. Diese elektrischen Spannungen sind um einiges höher als es in konventionellen Kraft- und Nutzfahrzeugen üblich ist. Daher werden diese Fahrzeuge Hochvolt Fahrzeuge, oder kurz: HV-Fahrzeuge, genannt.

Hochvolt ist für den Menschen sehr gefährlich. Wenn man damit in Berührung kommt, dann der Strom durch lebenswichtige Organe wie dem Herz und der Lunge fließen. Die Folgen können unterschiedlich schwer ausfallen. Angefangen bei Muskelverkrampfung über Nervenerschütterung und Herzkammerflimmern bis hin zum Atem- und Herzstillstand sowie innere und äußere Verbrennungen. Dabei muss die Berührung nicht lange erfolgen. Eine Berührung von 0,3 Sekunden reicht aus um lebensgefährlich zu sein.

Was Gefahren gibt es bei der Arbeit am Hochvolt Kfz?

Welche Gefahr Hochvolt für den Menschen bedeutet, haben wir bereits im oberen Absatz vergegenwärtigt. Aber es gibt weitere Risiken.Hochvolt Kfz Schutzausrüstung in der Werkstatt

Hochvolt Kfz erzeugen elektromagnetische Felder. Daher können Gefährdungen für Personen mit Herzschrittmachern und ICD (Kardiowerter-Defibrillator) nicht ausgeschlossen werden, wenn ein Einbau von Hochvoltkomponenten erfolgt. Die Herstellervorgaben des Fahrzeugs diesbezüglich sollten immer berücksichtigt werden.

Allgemein ist zu beachten, dass von Lithium-Ionen-Batterien chemische Gefährdungen ausgehen können. Es gibt eine erhöhte Brand- und Explosionsgefahr, besonders von beschädigten, aber auch von intakten Energiespeichern. Nach einem Unfall können Batterien in Brand geraten, aber dieses muss nicht sofort passieren. Die chemischen Prozesse im Batterieinneren können sich dabei verselbständigen und eine Batterie, die äußerlich unbeschädigt ist, kann bis zu 14 Tage nach dem Schaden in Brand geraten.

Wie betrifft die E-Mobility und Hochvolt Kfz-Werkstätten?

Mechatroniker haben bei der Wartung und der Reparatur von Fahrzeugen immer mit Spannung zu tun. Dieses Wissen reicht aber nicht bei der Arbeit an Hochvolt Kfz. Zum Vergleich: Eine klassische Autobatterie hat 12 V, Elektroautos haben in der Regel 400 V, aber es kann sogar bis zu 800 V hochgehen wie beim Porsche Taycan.

Um das Leben zu schützen, hat der Gesetzgeber verschiedene Schulungen und unterschiedlichen Stufen herausgegeben, die die Mitarbeiter befähigen sicher mit Hochvolt zu arbeiten. Dieses ist wichtig im Zuge des Arbeitsschutzes und um Unfälle zu vermeiden.

Außerdem bietet der TÜV-Thüringen sowie der ZKF eine Zertifizierung zur E-Werkstatt an.

 

Was müssen Werkstätten bei der Wartung von Elektroautos berücksichtigen?

Wichtig: Nur ausgebildete Mitarbeiter dürfen an Hochvoltfahrzeugen arbeiten! Und Hände weg von orange! Denn die Hochvoltkabelstränge erkennt man an der orangen Farbe. Des Weiteren sind alle Hochvoltkomponenten im Fahrzeug mit einem Sicherheitsaufkleber gekennzeichnet .Jegliches knicken oder starkes Biegen der Hochvoltleitung muss gemeldet werden.

Um sicher an Hochvolt Fahrzeugen zu arbeiten, müssen Mitarbeiter mit den möglichen Gefahren sensibilisiert werden. Es muss klar sein, welches Werkzeug, welche Hilfsmittel und welche Schutzausrüstung benötigt wird. Außerdem sollte ihnen die Kennzeichnung der einzelnen Komponenten bekannt sein. Diese Unterweisung wird von einem Fachkundigen durchgeführt und ist zu dokumentieren Sie wird mindestens einmal im Jahr und bei Veränderungen im Tätigkeitsbereich, bei neuen Arbeitsmitteln oder neuen Technologien wiederholt.

Wer darf welche Arbeiten am Hochvolt Kfz machen?

Bei Arbeiten am konventionellen Bordnetz bis 30 Volt AC / 60 Volt DC sind von Arbeiten an Hochvoltkomponenten zu unterscheiden. Trotzdem gilt für alle Arbeiten: Safety first. Die Mitarbeiter müssen geschult und unterwiesen werden.

Solange die Sicherheitssysteme vom Hochvoltsystem in Ordnung sind, dürfen elektrisch unterwiesene Personen dort Instandhaltungsarbeiten durchführen. Aber die Arbeit an Hochvoltkomponenten ist verboten. Denn um daran zu arbeiten, muss die gesamte Anlage vorher spannungsfrei geschaltet werden. Dies ist nur durch qualifizierte Mitarbeiter  möglich, die „Fachkundige für Hochvoltsysteme in Kraftfahrzeugen“ sind. Dank ihrer Zusatzqualifikation können sie die elektrische Gefährdung beurteilen und notwendige Schutzmaßnahmen festlegen.

Zur Übersicht:

Elektrisch unterwiesene Person (EuP): darf allgemeine Arbeiten und Wartungen am Fahrzeug durchführen sowie Aufgaben erledigen, die vom Hochvolttechniker angewiesen wurden.
Hochvolttechniker (HVT): darf neben den EuP Aufgaben die Spannungsfreiheit herstellen und testen, den EuP beauftragen und das Fahrzeug wieder in Betrieb nehmen.
Hochvoltexperte (HVE): hat neben der Hochvoltschulung eine Zusatzqualifikation um das Hochvoltsystem zu deaktivieren, wenn dies mit den normalen Mitteln, die dem Hochvolttechniker zur Verfügung stehen, nicht möglich ist.

Seit Oktober 2021 gilt folgendes Stufenmodell:

  • S Sensibilisierte Person: darf nur einfache Servicearbeiten, wie etwa Scheibenwischerblätter wechseln oder Wischwasser auffüllen
  • 1S Fachkundig unterwiesene Person (FUP): darf allgemeine Arbeiten am Fahrzeug durchführen, die nicht mit dem Hochvolt-System in Zusammenhang stehen. Dazu zählen zum Beispiel Karosseriearbeiten, Öl- und Radwechsel oder Arbeiten an der konventionellen Bremsanlage. Sie dürfen Arbeiten jedoch nur unter Beaufsichtigung durchführen, wenn das System zuvor von einer fachkundigen Person (FHV oder FUS) spannungsfrei geschaltet wurde.
  • 2S Fachkundige Person für Arbeiten an Hochvolt-Systemen im spannungsfreien Zustand (FHV): darf zusätzlich zu allgemeinen Arbeiten selbstständig an Hochvolt-Systemen arbeiten, wenn sie in der Lage sind, den spannungsfreien Zustand entsprechend den „Fünf Sicherheitsregeln“ und den Herstellerangaben herzustellen.
  • 3S Fachkundige Person für Arbeiten an unter Spannung stehenden HV-Komponenten (FUS): darf Arbeiten an unter Spannung stehenden Hochvolt-Systemen durchführen, zum Beispiel wenn das Fahrzeug nicht spannungsfrei geschaltet werden kann. Dazu gehören auch Arbeiten an der Traktionsbatterie, beispielsweise der Tausch der Akkumodule.

Wo gibt es die Hochvolt Schulung um „Fachkundiger für Hochvoltsysteme in Kraftfahrzeugen“ zu werden?

Um Fachkundiger zu werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der TÜV, DEKRA, TAK, die Innungen sowieso einige Hersteller bieten diesen Lehrgang an.Hochvolt Kfz Schutzausrüstung in der Werkstatt

Welche Ausbildungsschritte sind notwendig um Fachkundiger zu werden?

Voraussetzung für die Fortbildung sind elektrotechnische Grundkenntnisse, wie sie zum Beispiel ein Kfz-Mechatroniker hat. Sollte dies nicht vorliegen, muss eine weitere Schulung gemacht werden. In unserem Beispiel gehen wir davon aus, dass der Mitarbeiter über elektrotechnische Grundkenntnisse verfügt.

Es gibt drei verschiedene Schulungsstufen um Fachkundiger für Hochvolt Kfz zu werden. Diese Schulungen bauen aufeinander auf und sind nacheinander durchzuführen.

Die erste Stufe ist für nichtelektronische Arbeiten. Sie richtet sich an Personen, die Testfahrten, Fahrzeugpflege, Karosseriearbeiten sowie Öl- und Räderwechsel machen. Sie dauert etwa 90 – 180 Minuten und die Teilnehmer sind EuP (elektronisch unterwiesene Personen).
Die zweite Stufe bildet die Fachkundigen für Hochvolt aus. Sie befähigt Mitarbeiter an einem Hochvolt-Eigensicheren Fahrzeug zu arbeiten. Ein HV-eigensicheres Fahrzeug ist aufgrund technischer Maßnahmen so geschützt, dass das Hochvolt-System einen Berührungs- und Lichtbogenschutz integriert hat. Diese Schulungsstufe richtet sich an Kfz-Elektriker, -Mechatroniker und -Mechaniker und vermittelt Kenntnisse zum Spannungsfreischalten des Fahrzeugs, die Sicherung gegen Wiedereinschalten und das Feststellen der Spannungsfreiheit. Zusätzlich ist diese Stufe notwendig um Hochvolt-Komponenten auszutauschen und elektronische Arbeiten am spannungsfreien Fahrzeug durchzuführen.
Die dritte Stufe ist für das Arbeiten unter Spannung am Hochvolt System. Sie umfasst die detaillierte Fehlersuche am Hochvolt-Fahrzeug und es wird gelernt, wie Bauteile unter Spannung gewechselt und repariert werden. Mit dieser Schulung wird der Mitarbeiter zum Hochvoltexperten.

Was sind die wichtigsten fünf Regeln beim Arbeiten am Hochvolt Kfz?

Bei jeder Arbeit an Hochvoltanlagen gelten diese 5 Regeln. Die ersten 3 sind dabei verpflichtend, die Regel 4 und 5 sind im Einzelfall festzulegen. Zuerst: Sichern Sie den Arbeitsplatz. Stellen Sie Warnhinweise oder Absperrungen auf, damit kein Mitarbeiter versehentlich den Gefahrenbereich betritt. Dann werden in der Regel diese Schritte durchgeführt:Hochvolt Kfz Schutzausrüstung in der Werkstatt

  1. Herstellung der Spannungsfreiheit: Dies wird zum Beispiel durch das Abziehen des Wartungsschalters bzw. des Batterie-Hauptschalters hergestellt. Es darf keine Spannung mehr an den Kontakten liegen. Die Zündung muss aus sein, der Wartungsstecker, die Hochvoltbatterie und die Sicherung werden gezogen sowie die Verbindung zum stationären Netz getrennt.
  2. Sicherung des Systems gegen Wiedereinschalten: Damit auf keinen Fall ein versehentlicher Stromfluss aufkommt, müssen Sicherungen verwendet werden, der Wartungsstecker und der Zündschlüssel werden an einem sicheren Ort aufbewahrt und durch Blindstecker, Isolierband oder abschließbare Abdeckkappe werden die Schalter isoliert.
  3. Feststellen der Spannungsfreiheit: Solange die Spannungsfreiheit nicht nachgewiesen wurde, gilt das Hochvoltsystem als unter Spannung stehend. Mit Hilfe eines zugelassenen Spannungsprüfers oder einer herstellerspezifischen Prüfvorrichtung wird geprüft, ob das HV System spannungsfrei ist. Einige Fahrzeuge verfügen über einen internen Prüfer, der die Spannungsfreiheit übers Display anzeigt. Die Spannungsfreiheit kann im Normalfall nach 10 bis 15 Minuten festgestellt werden.
  4. Erden und Kurzschließen.
  5. Benachbarte Teile, welche unter Spannung stehen, abdecken oder abschranken.

Welche Spannungsprüfer sind erlaubt?

Hochvolt Kfz Schutzausrüstung in der WerkstattUm die Spannungsfreiheit festzustellen, werden geeignete Spannungsprüfer oder herstellerspezifische Prüfvorrichtungen benötigt. Vielfachmessgeräte sind nicht geeignet.
Sie können andere Messgeräte nutzen, wenn diese nach DIN VDE 0682 – 401 „Spannungsprüfer Teil 3 zweipoliger Spannungsprüfer für Niederspannungsnetze“ nutzbar sind. Natürlich muss es für die messende Spannungsart und Spannungshöhe geeignet sein und einwandfrei funktionieren. Wir empfehlen diesen Spannungsprüfer.

Was braucht die Werkstatt um an Hochvolt Kfz arbeiten zu dürfen?

Bei den Maßnahmen für die Arbeit an Hochvolt Elektroautos unterscheidet man zwischen technischen, organisatorischen sowie persönlichen Schutzmaßnahmen:

  • Technisch: z.B. Ausstattung wie Isoliermaterial und feste Abdeckung sowie Einrichtung des sicheren Arbeitsplatzes.
  • Organisatorisch: z.B. Auswahl des qualifizierten Mitarbeiters, Einhaltung der Wartezeiten zum Spannungsabbau, Festlegung der Schutzmaßnahmen, Erstellung einer Arbeitsanweisung.
  • Persönlich: Unterweisung und Hochvolt Schutzausrüstung

Welche Hochvolt Schutzausrüstung ist in der Werkstatt notwendig?

Hochvolt Kfz Schutzausrüstung in der Werkstatt

Um ihre Mitarbeiter bei der Arbeit an Hochvolt Kfz zu schützen, müssen Sie in hochwertige Hochvolt Schutzausrüstung investieren. Die minimalste Sicherheitsausrüstung umfasst Isolierhandschuhe bzw. Sicherheitshandschuhe 1000 Volt nach Klasse 0 und einen Helm mit Visier oder Gesichtsschutzschild nach EN 166. Für fortgeschrittene Arbeiten nach Stufe 3 empfehlen wir zusätzlich einen Atemschutz und ggf. einen Mantel gegen Flammen und Lichtbögen. Selbstverständlich sollten Arbeitsschuhe nach EN 345 sein oder elektrisch isolierende Überschuhe.

Wichtig: Die Schutzausrüstung sollte vor der Nutzung geprüft werden. Dies gilt besonders für Schutzhandschuhe. Vor jedem Tragen sollten Sie sie einmal aufblasen oder mit einem pneumatischen Handschuhprüfer auf Dichtigkeit testen.

Um den Arbeitsplatz zu sichern, sollten Sie einen Feuerlöscher griffbereit haben, ein Absperrset aufstellen und Hinweisschilder anbringen. Verwenden Sie geeignete Sicherheitsvorrichtungen wie Vorhängeschlösser, Verriegelungen, Absperrungen von Steckverbindungen und Klemmkappen zum Abisolieren von Kabelenden. Hier finden Sie Schutzausrüstung Hochvolt für Werkstätten.

Um einen verunfallten Mitarbeiter aus der Gefahrenzone zu bekommen ohne andere in Gefahr zu bringen, sollten Sie eine isolierte Rettungsstange nutzen.

Welches Werkzeug ist für Arbeiten unter Hochvolt geeignet?

Achten Sie bei der Arbeit unter Spannung auf isolierende Sicherheitswerkzeuge mit Doppelschichtisolation. Diese bieten den höchstmöglichen Schutz nach VBG4. Hier finden Sie unser Sicherheitswerkzeug.

Unser Fazit zur Arbeit am Hochvolt Kfz in der Werkstatt

Für Werkstätten birgt die Arbeit an Hochvolt Autos neue Gefahren und Herausforderungen. Aber mit der richtigen Ausrüstung und Ausbildung können Sie ein neues Geschäftsfeld anbieten, welches von der Konkurrenz bisher vernachlässigt wird. Wir empfehlen daher, investieren Sie frühzeitig in diesen Bereich.

 

Präsentation von Herrn Kahl vom Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein zum Thema Kfz.- Markt und das Servicegeschäft im Wandel bei den Wulf Info-Tagen

https://www.youtube.com/watch?v=Wmq6ABTIgAQ

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